Montag, 30. Juni 2014

Schloss und Park Schönbusch, Aschaffenburg

Park Schönbusch, Aschaffenburg – Englischer Landschaftspark in seiner schönsten Gestalt,
Besuch am 30.05.2014
Am Park Schönbusch sieht man exemplarisch, wie unter einem Brennglass, Glanz und Elend von Gartenschöpfungen, das Auf und Ab über Jahrhunderte und das Dilemma der Schöpfer.

Fangen wir mit dem letzteren an: Die Schöpfer von Parks und Gärten haben eines gemeinsam: Sie erleben den Höhepunkt Ihres Gartens sehr wahrscheinlich nie, denn es braucht Jahrzehnte wenn nicht Jahrhunderte bis ein Garten seine volle Schönheit zeigen kann. Das gilt allemal für Landschaftsparks mit vielen Bäumen. Diese brauchen mindestens 50 Jahre, um eine einigermaßen ansehnliche Gestalt zu erreichen, wenn nicht Jahrhunderte, um ein Gesamtbild zu ergeben, wie es vielleicht den Schöpfern vorschwebte. Das Tröstliche ist, dass WIR meist das Glück haben, diese ausgewachsenen Träume mit unseren eigenen Augen in unserer Zeit zu sehen.



Der Park Schönbusch zeigt gerade seine schönste Phase. Sein Schöpfer, der Fürstbischof von Mainz Friedrich Carl von Erthal, wollte in den 1770er Jahren einen Garten nach der neuesten Mode errichten, nämlich im Stile eines englischen Landschaftspark. Barocke Ideen von geradlinigen Parterres und in strenge Formen gezwungene Natur waren out. So entschloss sich der Bauherr einen romantischen Garten vor den Toren Aschaffenburgs zu errichten, jedoch mit langen Sichtachsen zu seinem in Renaissance Stil erbauten Sommerschloss in Aschaffenburg, das wunderschön in der Ferne thront. Diese Blickpunkte ziehen den Besucher aus dem Garten hinaus und gleichzeitig betonen sich den
Unterschied zu dem romantischen informellen Bild, das sich im Garten auftut.
 

Kleine Tempel, ein Aussichtsturm auf einem Hügel, eine Brücke über eine künstliche Schlucht, ein kleines Sommerschloss und ein Speisesaal (heute Konzertpavillion) im Park und andere kleine Bauten bespielen den romantischen Landschaftspark.








 


Aber zunächst zur Bepflanzung. Die eigentliche etwas ausgefallenere Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern, auch mit Exoten, wie sie zu Entstehungszeit und noch danach üblich war, verschwand über die 250 Jahre, wobei die verbliebene Bewaldung auch dem ursprünglichen Formenideal entsprechen sollte. Hohe Laubbaume (Eiche, Buche, Ahorn mit vereinzelten Fichten und Tannen) säumen heute lange Sichtachsen und mäandernde talähnliche Wiesen bis es der nächste Tempel oder Pavillion schafft, die Blicke des Spazierenden auf sich zu ziehen.
Sogar ein kleines künstliches Dorf mit Hirtenhäuschen und Miniaturbauernhof wurde errichtet, um eine ländliche Idylle, wie sie sich das späte 18. Jahrundert so vorstellte, zu errichten und evtl. sogar nachzuspielen.
 
Der Freundschaftstempel und das Philosophenhaus zählen auch zu diesen Einrichtungen, die man je nach Laune aufsuchen konnte. Als zentraler Punkt wurde mit dem Aushub der Seen ein Hügel aufgeschüttet und darauf ein Turm errichtet, der einem Leuchtturm ähnelt und als Aussichtsturm fungierte. Vom Fuß des Turmes bietet sich übrigens immer noch ein schöner Ausblick auf den Park. Daneben auf der anderen Seite des Sees liegt das kleine Sommerschloss, das im klassizistischen Stil errichtet wurde, wo in unmittelbarer Umgebung, wie zum Beispiel in Würzburg noch Rokokoformen dominierten und gebaut wurden.
Natürlich erforderte der moderne Park nach englischen Vorbildern auch einen modernen Baustil, der im Inneren des Schlosses den Besucher verzaubert. Die aufwendigen Stofftapeten wurden mit regelmäßigen Blumen- und Vogelmotiven des Klassizismus bedruckt und danach auch für den Bezug der Möbel verwendet. Diese Möbel verschwinden für die Augen des Besuchern zunächst in der Wand und erscheinen wieder bei genauem Hinschauen, wie Chamäleons. Die Qualität der Renovierung in den 1990er Jahren spricht für sich. Allein das unzerstörtes Bauwerk mit originalen Möbeln, die für diesen Ort bestimmt waren und dort die Wirren der Kriege überstanden (das nahe gelegene Aschaffenburg samt Renaicanceschloss Johannisburg wurde vollständig im 2. Weltkrieg zerstört) ist eine Reise wert.
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 







 
Der Park weißt typische Features eines englischen Landschaftsparkes auf und ist als kleine Variante durchaus mit Stourhead, dem Paradebeispiel in England, vergleichbar. So gibt es in Schönbusch auch eine romantische Steinbrücke, die einen kleinen Fluss überspannt. Ein langgestreckter künstlicher Kanal durch den Wald ergibt einen Eindruck von endloser Perspektive.


 
Die künstlich ausgehobenen Seelandschaften ergeben Spiegeleffekte mit den umliegenden Bauten und Pflanzen und kommen so ihren Vorbildern in England (z.B. Wakehurst Park) sehr nahe.

 
Im Park befinden sich auch ehemalige Wirtschaftsgebäude und eine Orangerie. Zwischen dieses Gebäuden hat ein altmodischer kleiner Garten im Garten überlebt, der mit mehreren Displays Blumenbeete zeigt, wie sie um 1900 in Parks und öffentlichen Gärten üblich waren.  Die einzelnen Beetpflanzen werden sehr schön anhand einer Bildtafel erklärt und verwendeten Pflanzen einzeln vorgestellt.

Auch ein im Original erhaltener Irrgarten zählt zu den Parkfeatures des klassischen Gartens der Goethezeit.
 

Der Park erfuhr eine frühe Erweiterung und ging eigentlich über die jetzt den Park zerschneidende Staatsstrasse 3115 bis zum Main, wo sich in alten Wirtschaftsgebäuden die Stadtgärtnerei Aschaffenburg und ein verlorener kleiner Parkteil mit einem klassizistischen Doppelpavillion befinden. Hinter diesem Pavillion, der einen verlassenen, traurigen Eindruck macht, liegt eine wunderschön plazierte Terrasse zum Main mit einem Blick zum Schloss (die Sichtachse gmüsste gepflegt werden). Leider ist die Terrasse mit zerbröckelnden Betonsteinen gepflastert, macht einen ungepflegten Eindurck, Bänke oder andere Gartenmöbel fehlen. Der moderne Verkehr hat hier seinen Tribut geforfert und unwiderbringlich die Mainidylle zerschnitten. Aber auch auf der Hauptseite des Parks ist direkt hinter der Parkgrenze in Sichtweite des kleinen Sommerschlosses, der Tempel und der Achse zum Schloss ein mindestens 50 m hoher Industrieschornstein entstanden, der zur nahen Papierfabrik PWA gehört. Der Kamin zerstört so ziemlich alles, was die Parkschöpfer mit ihren durchkomponierten Sichtachsen und Wiesentälern, Tempeln und Seen ästhetisch erreichen wollten und bringt uns ins 21. Jahrundert zurück.

Der Park hatte natürlich auch lange Strecken des Verfalls, des Niedergangs oder der Umwidmungen. Dabei ist der ergänzte alte Biergarten, wie auch im Englischen Garten in München, ein Einbau, der dem Park nicht schadet, sondern ergänzt. Die Bayerische Schlösserverwaltrung, die den Park unterhält,  bemüht sich sichtlich um eine qualitativ hochwertige Rückführung und Erhaltung.


Ein Besuch lohnt das ganze Jahr über, sogar der Winter bietet mit neuen Ausblicken, seinen speziellen Farben und kargen Formen vieles zu entdecken!

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