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Haupthaus mit Nektarinenbäumchen (Prunus persica var. nucipersica) |
Nach Ohinetahi fahren bedeutet zunächst eine Weltreise nach Neuseeland ans Ende der Welt zu machen. In Christchurch auf der Südinsel
angekommen, fährt man durch Vororte den Berg hinauf und kommt ganz oben auf einer Passhöhe an, die einen berauschend
schönen Blick zurück auf die Stadt Christchurch und die Ebene von Canterbury bietet,
aber gleichzeitig auch auf der anderen Seite einen Blick hinunter in das vom
Meer überspühlte Kraterbecken und die umherlaufenden Felsenketten freigibt. Was
eine Blick!
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Zufahrt Ohinetahi mit Agapanthus rechts |
Man fährt noch ein paar
Meilen eine Serpentinenstraße hinunter und kommt dann an eine unscheinbare Einfahrt
links, fährt hinein und einen schmalen Fahrweg hinunter. Rechts blüht eine
lange Reihe von Aganpanthus und links steht eine gemischte Hecke mit
Rotbuchen und anderen Heckengewächsen in verschiedenen Grüntönen.
Man weiß gleich, dass man richtig abgebogen ist, denn das sieht schon sehr nach gestaltetem
Garten aus.
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Haupthaus Ohinetahi mit Norfolk Tanne oder Zimmertanne (Araucaria heterophylla) |
Kurz darauf verschlägt es einem erst einmal die Sprache, ob
des wunderschönen Ausblicks, der sich am Ende der Auffahrt zum Meer auftut.
Tief türkisblaues Wasser weit unten, grün eingerahmt durch Vegetation an den
beiden Ufern der Bucht und gleich links steht das bezaubernde koloniale Landhaus aus beigen
Sandsteinen mit umherlaufender Veranda, weißem Geländer und hellgrün-glänzenden
großblättrigen Bergenien vor der Haus. Das ist auch für einen geübten Gartenbesucher und
Reisenden zu viel auf einmal! Gibt es ein Gartenparadies denn wirklich? Ich zweifele
sofort an meinem Garten Design Diplom, das ich erworben habe und glaube an den
´genius loci` und an die Spiritualität eines Ortes.
Der Ort bietet aber noch viel mehr, nämlich einen genial
erfundenen Garten, der mit seinen Pflanzen ein Paradies auf Erden errichtet und
im besten Sinne des deutschen Botaniker Karl Förster die Seele anspricht. Wenn
ich diesen zitieren darf:
Die
Blume erweist sich als größerer Pionier eines neuen
Verhältnisses zwischen Welt und Seele, als wir ahnen. Es gehen
unvorstellbare Wirkungen von Gärten und Blumen aus.
(Karl Foerster 1874 – 1970)
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Blick auf Govenors Bay mit Agapanthus Bepflanzung |
Die Wirkung von Ohinetahi ist für mich, zurück in Europa, immer noch
fühlbar. Denn die Ästhetik und Schönheit des Ortes prägt sich sogleich ein,
wenn man um das Haus geht und den eigentlichen Garten betritt. Er besteht im
Grunde nur aus zwei kreuzförmig anlegten Achsen, die sich in der Mitte vor dem
Haus treffen und um die herum alles logisch und fließend, formal und informal,
gestaltet und wild, altmodisch und modern, kreativ schöpfend und zitierend,
fest und schwankend, geschützt und offen aufgebaut ist.
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Gartenpavillon mit Staudenbeet |
Auf dem großen Rasen stehend fällt zunächst die eine Hauptachse
mit einem Gartenpavillon ins Auge. Dieser steht am Ende von parallel angelegten
Staudenbeeten (Borders) und nimmt mit seiner filigran geschwungenen Form die
Leichtigkeit der Stauden auf. Die Staudenbeete sind mit mehrjährigen Stauden
und Gras bepflanzt und in der Farbgebung traditionell lila, blau, rosa (zarte,
gemischte Töne) und verschiedenen Blattfarben (silber, grün, wenig dunkelrot)
gehalten.
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Blick zurück aus dem Gartenpavillon zum Haupthaus |
Die Staudenbeete werden eingerahmt von immergrünen
Hecken, hier Taxus baccata und bekommen dadurch Schutz vor Wind und Wetter. Gleich links
dahinter befindet sich der nächste Gartenraum, der durch die andere Hauptachse
erschlossen wird, die rechtwinklig vom Hauptweg abgeht.
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Walled Garden |
Geht man auf dieser Querachse durch einen
kleinen, steinernen Eingang, steht man in einem formalen viereckigem Garten, dem
sogenannten Walled Garden, der eigentlich der Farbe Rot gewidmet ist und mit rotblühenden und dunkelrot/blaurot
belaubten Pflanzen spielt (rotblättrige Dahlien, Berberitzen, Lobelien, Heucheria, eine rotblühende Rose, wohl ´Parkdirektor Riggers`, rotblühende Montbretien, silberblättrige Olivenbäume und grüner Buchs als Rahmen). Die Pflasterung ist mit roten Backsteinen
wunderschön gearbeitet. Ein altes Taufbecken definiert die Mitte des Gartens
und hält das Muster aus formgeschnittenen Buchshecken und rotblühenden Stauden
bzw. rotbelaubten Hecken. Das Ganze kann von einem direkt angrenzenden Gartenturm
von oben besichtigt werden und hat so einen wirklich dreidimensionalen
Ausdruck.
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Aussichtsturm im Walled Garden |
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Bepflanztes Taufbecken |
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Treppenaufgang mit Säulen |
Geht man die Querachse weiter, betritt man Treppen und kommt durch einen italienisch anmutenden Säulengang hinauf auf längslaufende kleinere Terrassen, die einem Thema oder einer Pflanzengattung gewidmet sind, z.B. frühsommerlichen Pfingstrosen (Paeonia spp.). Klassischer, figürlicher Schmuck aus Löwen und Sphinxen passen auf das Ganze auf und zitieren europäische Gartentraditionen.
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Blick zurück von Säulenaufgang zum Haupthaus und Meer |
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Lime Avenue - Lindenallee |
Gerade in diesem Moment muss ich dann auch schon schmunzeln,
denn was machen hier die genialen Gartenschöpfer? Auf einer dieser Terrassen
zitieren sie einen anderen Lieblingsgarten von mir, und ich glaube nicht nur
von mir, sondern auch von vielen anderen Gartenenthusiasten, nämlich Lawrence
Johnston´s Hidcote in Gloucestershire, England. Sie waren bekennender maßen da
und haben die Pflanzabstände der berühmten Lindenallee im dortigen ´Stilt Garden` mit dem berühmten Heaven´s Gate abgemessen: 3,50 m im
Abstand, um das Geheimnis zu verraten! Hier auf der Südinsel von Neuseeland
über 10.000 km entfernt von Hidcote wirken die Linden genauso schön und
passend! Sie eröffnen den Blick nicht auf die weite Landschaft und den Himmel
über den Cotswolds, aber auf die nicht minder schönen Berge und Felsen von Governors
Bay. Am Ende der Lindenallee befindet sich dann noch ein Rondell, das den
strikten geraden Raum öffnet und mit einer schwebenden Plastik von oben herab geprägt
wird.
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Schwebende Kugel über dem Endrondell nach der Lindenallee |
Überhaupt ist der Garten voller kleiner Kunstgegenstände,
Statuen und hat sogar eine kleine moderne Galerie. Die Gartenschöpfer Sir Miles Warren, zusammen mit seiner Schwester, der Künstlerin Pauline Trengrove und ihrem Eheman, dem Architekten John Trengrove, haben hier ihren Traum
Wirklichkeit werden lassen und ein Gesamtkunstwerk geschaffen.
Auch botanische Raritäten sind zu entdecken, wie z.B. Ulmus
carpinifolia variegata, die in Europa
heimische Feldulme, die infoge des Ulmensterbens hier fast nicht mehr
ausgewachsen vorkommt. In Ohinetahi steht sie ausgewachsen und sogar variiert
mit cremeweiß gesprenkelten Blättern!
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Treppenaufgang mit Formschnitt Buchsbäumchen |
Geht man nun weiter bergan auf der Querachse, dann kommt man
über den Fahrweg, auf dem wir angekommen sind, zu einer Treppenanlage, die mit Formschnitt
Buchsfiguren, ähnlich denen in Great Dixter, und einem modernen Kunstwerk
abgeschlossen wird. In einem dreieckigen Grundriss, der zwischen der Treppe, dem
Gemüsegarten und dem Fahrweg gefangenen
ist, haben die Gartengestalter vor
kurzem, auch gerade im Hinblick auf die in Mode gekommenen neuseeländischen
´native plants`, ein Formschnitt-Beet mit vier verschiedenfarbigen einheimischen
Buscharten wie z.B. Corokia spp. angelegt. In einem mäandernden, kunstvoll geschnittenen, modernen
Muster verschränken sich verschiedene Blattfarben und Buschformen miteinander. Geniales Design
auf schwierigem Grundriss.
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Moderne Heckenskultpur mit einheimischen neuseeländischen Büschen
u.a. Corokia cotoneaster |
Geht man den ganzen Weg nach unten zurück, kommt man über
die Hauptachse vorbei zu einer Hängebrücke, die die Querachse fortführt und auf
die andere Seite des Gartens über ein kleines, schattiges Tal führt. Das Tal
wird links von einem Weg begleitet und ist naturnah mit
einheimischen Pflanzen gestaltet und am Ende mit einem kleinen aufgestauten
Teich versehen. Dort gibt es dann auch eine Hosta-Sammlung und riesige Gunnera
manicata, die zurück in den formellen Garten überleiten.
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Hängebrücke über Seitental |
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Weg ins Tal |
Nach der Brücke rechts kommt man
zunächst durch die Sammlung einheimischer Pflanzen und einen kleinen Wald. Am
Ende dieses Weges steht unverhofft auf einem elliptischen Grundriss ein nach
Maori Art geschnitzter Holzbalken aufrecht da, den man umrunden muss, um dahinter
dann einen weiteren Höhepunkt des Gartens zu entdecken. Einen vom Wald
gerahmten Ausblick auf die Govenors Bay mit einem Geländer, das wie an einem
Schiffsbug spitz zuläuft. Farben und Formen sind so beeindruckend, dass es
lange braucht, bis man sich satt gesehen hat und sich aus diesem Eindruck lösen
kann.
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Endpunkt des Rundgangs mit Kunstwerk
und blühender Cordyline australis |
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Ausblick auf Bay über Schiffsreling |
Zurück über die Brücke
kommt man wieder zum Rasen. Dort findet man eine formale Sitzbank mit
flankierenden roten Granitsäulen, die den Rasenraum abschließt und zum Rosengarten überleitet. Dieser zitiert nochmals die europäische formale Gartentradition und verknüpft den Raum zwischen
Haus, Galeriegebäude und Rasen genial.
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Bank mit roten Granitsäulen und zwei gelb belaubten Robinia pseudoacacia 'Frisia' |
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Rosengarten mit Bergblick |
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Formaler Teich |
Die in weiß und creme
gehaltenen Rosenbeete sind durch schmale Wege erschlossen und stehen auf
rechteckigen Grundrissen. Buchshecken mit rechteckigen und kugelförmigen Ecken
und die Backsteinwege bilden ein regelmäßiges Muster. Mit dem anschließenden formalen Teich wird der Rosengarten aufgelockert und bekommt durch den kleinen
Brunnen Leben.
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Rosengarten mit Gästehaus |
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Veranda mit Corokia Hecke
(corokia x virgata 'geenty's green') |
Interessant ist auch die umlaufende Sockelbepflanzung der
Veranda mit einer silberblättrigen Corokia, die das Haus mit dem Garten
wunderschön verbindet und einen natürlichen Übergang der Baumasse zum
formellen Rosengarten bildet.
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Amphitheater mit alten Haussteinen |
Geht man weiter weg vom Haus zum neuen Teil des Gartens,
der nach dem schweren Erdbeben von 2010 errichtet wurde, sieht man zunächst
eine in fließenden Linien gehaltene,
moderne Bepflanzung aus neuseeländischen Büschen und mehrjährigen Stauden. Darin
eingebettet wurde ein Amphitheater, das mit den schönen beigen Sandsteinen
des Landhauses gebaut wurde. Die Steine stammen vom im letzten großen Erdbeben
teilweise eingestürzten Haupthaus, das nur bis zum ersten Stock wieder aufgebaut
wurde. Die Steine blieben übrig und fanden eine neue Verwendung. Der Blick schweift über die Governors Bay
und die Farbenpracht umher. Zurück am Haus ist man beeindruckt und reiht den Garten
ein in die Liste der bedeutendsten Gärten der Welt.
Der Garten ist unbedingt eine Reise wert. Wegen der Staudenbeete
ist ein Besuch im neuseeländischen Sommer, also von November bis Februar, am
eindrucksvollsten. Meine Besuche waren am 11.1. und 7.2.2014.
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Abschied mit Blick auf Govenors Bay |
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