Montag, 18. August 2014

Giardini di Castel Gandolfo, Rom, Lazio, Italien

 
Castel Gandolfo
Wie schon Kaiser Domitian fährt man von Rom in die Albaner Berge und lässt die Stadt Rom mit all ihrer Hektik und der Hitze hinter sich. Und wie schon vor 2000 Jahren ist der kleine Ort Provinz, das Italien der Postkartenidylle mit einer kleinen Piazza vor der Kirche, der Café-Bar und der Trattoria mit Blick über den Kratersee.

Was haben bloß die Kaiser und später Ihre de facto Nachfolger, die Päpste, hier gesucht? Es liegt auf der Hand, dass das Mikroklima im Vergleich zu Rom viel angenehmer ist. Es weht ein leichter Wind auf dem Bergrücken, es ist etwas kühler wegen der Höhe und dem nahen Kratersee. Und natürlich ist Rom nahe und somit leicht erreichbar. Soweit zu den recht unspektakulären Beweggründen der Kaiser.



Unteres Parterre mit zwei Ebenen
Die Päpste haben dann im 17. Jahrhundert noch etwas anderes vorgefunden. Neben der Burg der Gandolfo, daher der Name, und dem kleinen Dorf haben sie noch die Grundmauern und die planierten Terrassen der ehemaligen riesigen Villenanlage des Kaisers Domitian erworben. Was lag also näher, als auf der anderen Seite des Dorfes und vom eigentlichen Castel nur um wenige hundert Meter getrennt, auf dem ehemaligen Bauplatz der kaiserlichen Villa einen Garten zu errichten. Papst Urban VIII entschied sich 1626 sich für ein barockes Design, das die ursprünglichen langen Linien des Bauplatzes der kaiserlichen Villa aufnahm und damit eine ideal proportionieren Abfolge von rechteckigen Gartenebenen schuf. Die langgestreckten Rechtecke des Gartens sind wie schwebende Elemente auf verschiedenen Höhen nebeneinander montiert und mit Treppenanlagen verbunden, die wie selbstverständliche alles elegant verbinden. Ein in sich ruhendes Platzkonzept. Fazinierend wahrzunehmen, wenn man vor Ort entlang läuft und das Gefühl für die Begrenzung von Raum verliert. 

 



















Zunächst einmal betritt man den Garten durch die kleine Villa Barberini und geht eine lange von Korkeichen gesäumte Rampe hinauf auf das obere Plateau. Als Blickpunkt dient eine kleine Brunnenanlage, die Orientierung für den Beginn des Gartens gibt. Links steht ein altes Amphitheater aus der Kaiserzeit und rechts geht gleich nach dem Brunnen das langestreckte obere Parterre los. Eine mehrere hundert Meter lange und ca. 5 Meter hohe Stützmauer begrenzt diese Ebene links zum Berg hin und eine ebensolche Mauer stützt die Terrasse auf der vollen Länge rechts. Die Päpste haben in der Mauer zum Berg alte Marmorfragmente und wiedergefundene Statuen eingelassen und aufgstellt und erinnern so an die vorherige Nutzung in der Antike als Zentrum des Römischen Reiches.



Oberes Parterre mit Pinus pinea
Drei Wege ziehen sich parallel durch das lange Rechteck an den Mauern und in der Mitte entlang. Und werden in mehrere Male nach ca. 50 metern mit Querwegen verbunden. Ein klassisches Raster, das wegen der schieren Länge der Anlage endlos wirkt. Die Bepflanzung ist neben dem fomalem Buchsheckenrahmen, der sämtliche Wege umbibt, ungleichmäßig mit Pinien (Pinus pinea), Zypressen (Cypressus sempervirens)  und Steineichen (Quercus ilex) einfach gehalten. Horizontale (Zypressen) und vertikale (Pinien) Wuchsfommen werden mit den runderen Formen der Eichen ausbalanciert.







 



 

Mutter Gottes Heiligtum
Am Ender der Anlage geht der mit einem herrlichen antiken Steinmuster gefasste Mittelweg einfach weiter und führt etwas ansteigend in einen offenen, rechteckigen Ruinenraum, der zentral von einer Mutter Gottes Statue in einem steinernen Rahmen dominiert wird und davor ein kreuzförmiges Wasserbecken mit Wasserlilien und Goldfischen zeigt. Die Päpste haben hier ein open-air Marienheiligtum eingerichtet, das in die antiken Grundmauern der kaiserlichen Villa eingepasst wurde und den Päpsten bis Benedikt XVI. als Andachtsraum diente. Der kontemplative Raum strahlt eine besondere Geschlossenheit und Ruhe aus. Die Zeit scheint hier still zu stehen.








Geht man zurück zum oberen Parterre und dann links zur Talseite hin, dann eröffnet sich ein kleineres Rechteck, das an das lange obere Parterre anstößt und zum Tal hin führt. Es handelt sich um eine Treppenanlage mit Terrasse mit zwei Funktionen. Zum einen verbindet sie den oberen Gartenteil mit dem unteren Parterre, das parallel zum oberen läuft. Mehr dazu gleich.


Treppenanlage von oben mit Talblick auf Ehrenhof
Und zum anderen gibt sie durch ihre Aussichtsplattform einen Blick auf das Tal in Richtung Rom frei und lässt den darunter liegenden Ehrenhof mit antikem Kaiserstandbild und umlaufenden Hecken überblicken. Dieses Reiterstandbild steht auf der unteresten Ebene der geschickt miteinander verzahnten rechteckigen Grundrisse des Gartens und zeigt zum Tal hin. Jedoch ist das Tal durch eine umlaufende Hecke verdeckt und nur durch in die Hecke geschnittene Bögen zu sehen. Der Garten bleibt hier geschützt und konzentriert auf das antike Reiterstandbild.



An einer anschließenden seitlichen Böschung läuft der Garten zu den Steineichen und Olivenhainen aus und zeigt mit einer englisch anmutenden und auf verschiedene Laubfarben konzentrierten Bepflanzung einen modernen Übergang zur umgebenden Landschaft. 











Treppenanlage von unten
Kommen wir aber zurück zum Treppenbau oberhalb des Ehrenhofes. Der Treppenbau ist nach beiden Seiten herrlich mit steinernen Geländern eingefasst und führt auf jeder Seite mit herrlichen Stufen nach unten. Zwei Brunnen begleitenden Weg. Außergewöhnliche Steinmetzarbeiten, verschiedenfarbige Steine und Backsteine in wunderschönen Mustern verlegt und miteinander verwoben, sind zu bestaunen. Es ist ein Erlebnis diese Treppenanlage zu benutzen. Besser wäre wohl zu sagen: Es ist ein Erlebnis diese Treppenanlage zu beschreiten.


Unten angekommen, steht man zunächst auf dem langgestreckten zweiten Parterre, das mit einem formalen Buchsheckenmuster in Form von gotischen Deckengewölben gestaltet ist. Zwischenräume sind mit bunten einjährigen Pflanzen ausgefüllt. Nach ca. 2/3 der vollen Länge geht dann eine weitere Treppenanlage auf eine weitere, etwas tiefere Ebene hinab. Die Fläche wird im gleichen Design und der gleichen Farbenauswahl weitergeführt, jedoch mit Rasenflächen und figuralen Buchshecken- und Blumenmustern, die u.a. auch das päpstliche Wappen zeigen.


Zweites Parterre, hinterer Teil
Zweites Parterre, vorderer Teil














Das Auge schweift so entlang und ist gefangen in diesem Design. Farbe und Form in klassischer Vollendung. Wichtig ist auch der Rhythmus der Anlage. Zum einen gibt die Größe des Musters der Buchshecken einen Maßstab vor.


Zweites Parterre, hinterer Teil mit Wappenmuster
Der Rhythmus wird dann aufgenommen durch die Terrakottatöpfe auf der linken Balustrade und durch die Mauernischen in der Wand zum Berg hin. Vielfältig wird dies zitiert z.B. auch durch die regelmäßige Bepflanzung der Wand mit Kletterrosen und sogar mit im Paar gepflanzten Zypressen die alle 10 Meter wiederholt werden. Das alles spilet sich dann auf einer mehrere hundert Meter langen Fläche ab.


Ende der Sichtachse des zweiten (unteren) Parterres

Am Ende dieser Sichtachse ist dann das große Finale dieses unteren Parterres gestaltet. Mit einer Zypressenwand wird hinter einem Kaiserstandbild säulenartig der Raum abgeschlossen und die Blicke nach oben weitergeleitet. In das Blau des Himmels.


 




Magnolia grandiflora
Danach geht man durch eine kleinen bezaubernden Gartenraum mit einer in Form geschnittenen Magnolia grandiflora. Dort sieht man einen ruhigen Teich um einen nackten Faun und einen kleinen formalen Garten, als Nachhall auf das zuvor gesehene. Es geht vorbei an den offenen Werkstätten der Gärtner die Treppe hinauf zum Anfang des oberen Parterres und der Rampe, die aus dem Garten herausführt in die Welt zurück, wie wir sie kennen.




Der Graten wurde erst durch Papst Franziskus vor wenigen Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und muss unter Namensangabe online gebucht werden, da der Garten vatikanisches Territorium ist und nicht zu italienischem Staatsgebiet gehört. Ein Ausweis ist mitzubringen! Ein Besuch lohnt sich wegen der bunten Bepflanzung besonders im Sommer, aber ist natürlich wegen der immergrünen Vegatation das ganze Jahr über von Interesse. Mein Besuch war am 02. August 2014.

Bachus/Faun im Brunnen

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