Der Schlossgarten Schwetzingen ist ein Gartenparadies von
internationalem Rang. Der Garten erstaunt
durch seine besondere Gliederung noch heute den unvorbereiteten Besucher, der durch
das mittlere Schlosstor hindurchtritt und durch die schiere Größe des Gartenparterres und wegen des weiten Himmels darüber
ergriffen stehen bleibt und in die Ferne schaut. Man ist ergriffen, staunt,
begreift die Unendlichkeit von Raum, ist von Licht und Farbe umgeben, vom
Alltag entfernt. Genau das ist der
magische Moment, den eine geniale Gartenschöpfung abhebt und unterscheidet von herkömmlichen Parks und Grünanlagen.
Der Eindruck wird noch durch das nördliche und südliche
Zirkelhaus verstärkt, die dem Garten eine halbkreisförmige Einfassung geben. Im
Westen wird diese Einfassung dann von Laubengängen (Berceaux de treillage)
gespiegelt, so dass ein kreisförmiger Rahmen entsteht.
Ein Gartentheater in größtem Maßstab, das mit den Elementen
spielt: Himmel, Wasser, Erde, vertreten durch ornamentale Kies- und Pflanzenlandschaften.
Der Garten hat eine Fülle von weiteren hochkarätigen Räumen,
Bauten, Wasserfeatures zu zeigen. Sogar eine Moschee mit türkischem Garten
wurde als exotischer Gartenschmuck errichtet. Am nördlichen Zirkelhaus wurde ein
Rokokotheater von internationalem Rang angebaut und über den ganzen Garten kunstvolle
Statuen und Fontänen verteilt.
Darüber hinaus, um dies alles noch zu übertreffen, hat Kurfürst Carl
Theodor (1724-1799) einen zauberhaften Garten im Garten, nur für sich und seine
engsten Gäste, einbauen lassen, der mit dem Badehaus, dem Vogelbad , dem
Apollotempel und dahinterliegendem Naturtheater geniale Schöpfungen des Rokoko auf
engstem Raum verbindet.
Der noch junge barocke Garten wurde schließlich durch den
jungen Architekten Ludwig von Sckell, dem Sohn eines Schwetzingen Hofgärtners,
mit einem Englischen Garten und einem Arboretum in den 1770ger Jahren ergänzt
und glücklicherweise nicht überformt.
Eine geniale Leistung, die den gesamten Garten einen weiteren
historischen Superlativ hinzufügt, nämlich einer der ersten englischen
Landschaftsgärten auf deutschen Boden zu sein.
Der Rundgang beginnt also am Schloss. Auf jeder Seite der vier
zur Mittelfontäne führenden Hauptwege stehen zwei Reihen von Linden, deren Kronen kegelförmig in Form
gehalten werden. Das barocke Kreisparterre wurde seit den 1990ger Jahren Schritt
für Schritt zurückversetzt und die späteren „Begrünungen“ und Überformungen mit
Rasen und ausgewachsene Alleebäume entfernt. Der Gartendenkmalschutz hat hier
zurecht eine ältere Fassung wiedererstehen lassen, da nur diese den Zauber des
Gartens vollständig zeigen kann und auch die erhaltenen barocken Elemente wieder
miteinander verknüpft, ja gar erst wieder zum Strahlen bringt! Besonders sind
hier die Blumenbeete und bekiesten Ornamente zu nennen, die mit den
blickführenden Alleebäumen die Wasserbecken und Fontänen betonen und als Einstimmung
und Hinführung sowohl für den türkischen Garten, aber vielmehr noch für das
Naturtheater mit Apollotempel und die Badehausanlage, dienen.
Die Bäume sind historisch richtig für einen spätbarocken
Garten nicht mehr in Kastenform, sondern vielmehr schon in einem die
jungendliche Form bewahrenden kegelförmigen Schnitt gehalten und bilden so
einen weicheren Rahmen.
Durch einen unscheinbaren Heckendurchlass gelangt man danach
zu einem Naturtheater, das den Blick auf einen atemberaubenden Apollotempel
freigibt, der diese Baumlichtung dominiert.
Er steht auf einem verdeckten Fundament, das eine Grotte enthält und
wird durch ein Wasserfeature mit dem davor etwas niedriger liegenden Naturtheater
verbunden. Dabei ist die formelle Folge von Kaskaden ein belebendes Element in der ansonsten ästhetisch und räumlich ruhig
und geborgen gehaltenen Komposition. Die Formen der Grundrisse und Ornamente
des Rasens, der Treppen und Mauern sind elegant im ´style rocaille`, dem Rokokostil,
gearbeitet und passen sich an die umgebenden Naturmuster in einer Weise an, die
an modernes, fließendes, natürliches Design erinnert.
Eine komplexe Komposition mit Rhythmus und Balance durch
Hecken, Treppen, verschiedenen Ebenen, Säulen und Figuren, Spannungs- und
Entspannungsmomenten in der Linienführung, Farben, Licht und Schatten,
Geräuschen des Wassers und Ruhe des umgebenden Parks.
Mit diesem Kosmos durch verschlungene Wege
mit Buchenhecken verbunden, ist ein Wohnhaus des
Kurfürsten, Badehaus genannt, weil es ein großes Badezimmer enthält. Das Haus
war ein privater Rückzugs- und Wohnort des Kurfürsten, bezaubernd vom Grundriss
und der Ausstattung innen, aber noch viel schöner von seiner äußeren Gestalt.
Ein großer Gartenpavillion mit seitlichen Anbauten. Einladend und unaufgeregt,
ein privater Ort. Carl Theodor verknüpft in seinen Rückzugsorten Innen und
Außen, eigentlich eine moderne Idee, indem er das Naturtheater und das Vogelbad um sein
Wohnhaus herum gruppiert und diese Räume (und Gartenräume!) miteinander organisch verknüpft. Das Vogelbad ist eine Pergola ähnliche Außenschöpfung
des Rokoko, verspielt, herrlich fließende Linien mit einem Zweck: Der
Lebensfreude Raum zu geben durch eine gekonnte Mischung aus Voliere, intimen
schattigen Sitzgelegenheiten unter einer
Pergola, Wasserspielen und einer künstlichen theatralischen Perspektive zum
Ende der Welt, die einen magischen Ort hier und dort generiert.
Davon abgehen ist ein ummauerter bekiester Innenhof in
klassischen rechtwinkeligen Proporzionen (ideal für eine Feier im Freien) und
ein wunderschön vergoldetes schmiedeeisernes Einlasstor, das den Garten im
Garten abschließt.
Wenn man danach das nördliche und südliche Angloise und das
jeweils daran anschließende nördliche und südliche Boskett betritt (das sind
die auf das Kreisparterre folgenden, halbrunden und dann rechteckigen
Gartenabteile mit geometrischen Wegen, Hecken und Laubengängen), beruhigen sich
die Sinne wieder und man kann sich entspannen. Jedoch ist diese Entspannung nur
von kurzer Dauer, denn auch dort sind höchst interessante Gartenfeatures
eingestreut. Ein Hirtengott Pan auf dem Felsen mit langsam herab rinnenendem
Wasser ist ein meditativer Ort und erdet die Stimming. Introvertiert geht man
weiter.
Ein weiteres Vogelbad folgt mit einer im Boden schlangenförmig laufenden Wasserrinne. Ein Tempel der Minerva und weitere Figurengruppen machen den Weg abwechslungsreich und ziehen den Besucher weiter.
Am anderen Ende, diagonal entgegengesetzt zum Badehaus,
liegt dann ein weiterer Höhepunkt der deutschen Gartenarchitektur. Überraschend
steht man vor einer Moschee mit weitläufigen Anbauten, die einem Kreuzgang
ähneln und einem Türkischen Garten. Die Moschee spiegelt sich im dahinter
liegenden informell angelegten See und lässt
die Gedanken zwischen der realen ´Scheinwelt` einer Moschee in Baden und der
irrealen Spiegelwelt schweifen. Ein höchst amüsantes Spiel. Ein exotischer
Themenpark wie sich das 18. Jahrhundert ihn vorstellte. In der Moschee wurde
nie eine religiöse Zeremonie durchgeführt, vielmehr wurde diese im Sinne des Lessing´schen
Weltgeistes verstanden.
Der umherlaufende Garten ist mit einem modernen kurvenreich
fließenden Weg und mit Stauden- und niedrigen
Gehölzen gestaltet und macht den
Eindruck eines modernen Landhausgartens.
Der anschließende Englische Garten von Sckell und der
ruinenhafte Merkurtempel um den großen Weiher herum verzahnen den Garten mit
der umliegenden Natur aus Feldern, Äckern und Wäldern. Ein genialer Übergang von
den verschiedenen Designs aus formellen und informellen Traditionen auf die
umliegende Natur.
Der Park ist wegen seiner besonderen Raumwirkling immer
einen Besuch wert, natürlich sind die Parterres mit Blumen wie auch die den
Rahmen bildenden Hecken aus Buche, Hainbuche und Lindenbäumen im Sommer (mein Besuch war am 21. und 22.05.2014) am
eindrucksvollsten.