Mittwoch, 3. September 2014

Croome Park, Worcestershire, England, UK


Croome Court
Von ´Capability` Brown habe ich schon oft gehört und wollte immer schon einen seiner Gärten besuchen. Denn bei Brown handelt es sich um den bedeutendsten englischen Landschaftsarchitekten, der die Ablösung des Barockgartens durch den naturnahen (aber nicht minder künstlich gestalteten)  Landschaftspark maßgeblich mit betrieben hat, lange bevor auf dem europäischen Kontinent irgendjemand daran dachte. ´Capability` Brown bekam seinen Spitznamen wegen seiner Begabung und Kreativität, alle Probleme zu lösen. Sein Stern ging Mitte des 18. Jahrhunderts in England auf und führte zu einer umfassenden Veränderung unseres Garten- und Parkverständnisses, was noch heute in seinen Grundzügen in der westlichen Welt gilt.

´Capability` Brown
Sein Einfluss reichte schon damals bis zu den zuvor auf meinem Blog beschriebenen deutschen Gärten von Schwetzingen und Schönbusch, Aschaffenburg. Denn der deutsche Architekt Friedrich Ludwig von Sckell fuhr 1773 bis 1777 nach England, um dort den neuen Garten Design Trend anhand der Gärten Browns zu erlernen. Seine ersten Arbeiten zurück in Deutschland waren dann Schönbusch bei Aschaffenburg und Schwetzingen und später der noch heute beliebte Englische Garten in München.

Man sieht daran auch, wie sich Ideen und Moden verbreiten, damals im 18. Jahrhundert in Zeitlupentempo, heute im digitalen Zeitalter natürlich viel schneller. Das Ergebnis ist dann das gleiche, eine irgendwo einmal entstandene bahnbrechende Idee wird anderswo repliziert. Interessant ist es, an den Ursprungsort zurückzukehren und genauer hinzuschauen, wer denn da was gedacht und entwickelt hat. Und natürlich wie sich diese ursprüngliche Idee dann weiterentwickelt und in einzelnen Ländern verändert hat. 



In Bezug auf die englischen Landschaftsgärten waren die Urkeimzellen zu aller erst Stowe und dann auch schon Croome. Denn in Stowe war Brown ´head gardener` und in Croome verwirklichte er seine erste eigenständige Arbeit als Landschaftsarchitekt ab 1751.  Nach Stowe werden wir ein anderes mal reisen.


Künstlicher Fluß in Croome Park mit Blick zurück auf Kirche


Croome Park hat eine aufregende Geschichte, die man sogleich komprimiert am Eingang erfährt und durchlebt. Nach dem Parkplatz trifft man auf schwarz angestrichene ehemalige Armeebaracken der RAF (Royal Air Force), die der neue Eigentümer, der National Trust (NT), als Besucherzentrum, Tea Room und Gift Shop umgebaut hat. Wie immer hat die private Stiftung NT, deren Mitglied jeder werden kann,  vorzüglich gearbeitet und alle historischen Schichten des Grundstücks mustergültig aufgearbeitet. Davor sitzen singende Hari Krischna Jünger, aber was haben die mit Croome zu tun?

Gehen wir zunächst weit zurück in der Geschichte des Ortes. Wir sehen über die Jahrhunderte Glanz und Elend eines großen Landgutes in England. Die Erbauer Familie Coventry führte das Haus und das Gut bis Mitte des letzten Jahrhunderts. Die RAF nutzte im 2. Weltkrieg einen Teil des Geländes als geheimen Stützpunkt und die niederländische Königsfamilie verbrachte ihre Zeit der Flucht vor Nazi-Deutschland in Croome Court. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Anwesen durch viele Hände gereicht:

Die katholische Kirche betrieb mit Nonnen ein Heim für schwer erziehbare Jungen bis 1979, danach waren Immobilieninvestoren an der Reihe, die trotz ihres Namens (und das ist meist so) nichts investierten. Die Hari Krishna Sekte kaufte das Haus 1980 und blieb bis 1984 und danach waren es wieder Investoren, die alles noch mehr ruinierten. Schließlich konnte der National Trust 1998 das leer stehende und heruntergekommene Anwesen kaufen. Der Park war überwachsen und kaum noch erkennbar, die künstlichen Wasserläufe versandet und die meisten Parkbauten baufällig.

RAF Baracke, heute Besucherzentrum
Die Hari Krischnas sitzen noch am Eingang und singen, sie scheinen noch einen Teil der Wirtschaftsgebäude zu nutzen, die RAF Baracken sind inzwischen wie oben beschrieben umgewandelt. Mehr ist soweit nicht vom Park zu sehen. Ich stehe am Eingang neben den Baracken und wundere mich, ob ein Besuch denn lohnt.
Auf einem unscheinbaren Weg geht man nach den Eingangsbaracken durch einen kleinen dichten Buschwald und kommt nach wenigen hundert Metern auf einer kleinen Anhöhe an, links die Kirche und rechts eröffnet sich der weite Blick über das Land, mit Schloss und Wasserlauf, einzelne solitär stehende Bäume, wie hinein gepinselt, und der hohen Himmel thront darüber. Ein Landschaftsbild. Ja der Besuch lohnt sich!  


Kirche St. Mary Magdalene
In nicht ganz 20 Jahren hat hier der NT ein Stück Ideallandschaft zurückgeholt und eine Idee wiederbelebt. Alles ist mit allem verbunden. Nichts scheint künstlich gestaltet, sondern natürlich. Die Kirche (von Brown selbst entworfen) steht ideal platziert auf einem kleinen Hang und zieht alle Blicke auf sich.
 
 
 
 
 
  
 
Glashouse Temple
Rechts in einiger Entfernung steht ein mit einem breiten Portikus und Säulen versehener Glashaus-Tempel zum Überwintern der Pflanzensammlungen.
 
 
 
 
 
   
 
Croome Court mit umgebenden Wiesen
Ein Fluss schlängelt sich durch die grünen Felder und in der Mitte des Landschaftsbildes steht das Schloss wie eine Kommode.
 
 
 
 
 
 
 
  
Riesiger Zedernbaum
Eine riesige Zeder wächst mit ihren horizontalen Ästen mitten auf der großen Wiese.
 
 
 
Kühe grasen und am anderen Ende des Parks hinter dem Schloss gibt es noch eine Rotunde. Alle Blicke führen hinaus in die umliegende Landschaft und die eye-catcher der Gartenbauten verankern dann alles wieder zurück im Park und beim Besucher.  Eine geschickte Verknüfung von Innnen- und Außenbereich.
 
 
Rotunde
 







 
 
Nymphe an der Grotte
Versteckt hinter Bäumen ist dann ein romantischer Teich mit Inseln und 2 Eisenbrücken, die den Rundweg über eine Insel führen. Ein Pavillon und ein Grottenbau stehen am Ufer und ziehen die Blicke der Besucher beim Umrunden des Teiches auf sich. 
 
 




 
 
 
 


Das war schon das Inventar dieses Parks. Aber was macht das so besonders? Es ist die Einfachheit und Konzentration auf die wenigen Elemente, die das ganze genial macht. Das Können Browns manifestiert sich darin, dies alles in großem Maßstab zu beherrschen und natürlich erscheinen zu lassen. Er wählt die Ingredienzien eines idealen Landschaftsbildes, verteilt diese perfekt auf dem weitläufigen Gelände und verknüpft diese durch ein Wegesystem. Die natürlich fließende Linienführung ist elegant vorgenommen und überhöht eine Natur, die so nie in Wirklichkeit vorkommt.

Hinter dieser Landschaft stecken lange unterirdische Entwässerungskanäle, eine 12-jährige Bauzeit für den künstlichen Fluss und für die Modellierung der Landschaft, was den Erbauer, den 6. Earl von Coventry,  die umgerechnete Summe von heute 28 Millionen Pfund kostete. Auch wurden moderne Baumaterialen wie ´Coade Stones` verwendet,  d.h. gebrannte Keramiksteine, die als Fassadenteile oder Gartenschmuck in Serie vorgefertigt wurden.
Der Gartenkünstler Brown spielt mit dem Spiegeleffekt des Wassers und lässt die beiden damals modernen Eisenbrücken zusammen mit der verbindenden Insel wie Augen ausschauen, die aus dem Wasser auftauchen.  



Teich mit Spiegeleffekt in Croome Park


Besonders sehenswert ist das Haupthaus, das auch von Brown entworfen wurde. Mit seinem Hausentwurf löst Brown barocke Formen ab und ist im Klassizismus angekommen. Das Haus wird vom NT noch renoviert und hat leider sämtliche Einrichtungsgegenstände verloren. Die Zimmereinrichtung des Tapestry Rooms befindet sich im  Metropolitan Museum of Art in New York, USA und wird auf Fotografieren von 1958 gezeigt.  Vieles ist verloren gegangen, der Park ist zum Glück wiederbelebt worden.  
Blogger mit Steinvase vor Croome Court,
31.08.2014
Ein Besuch lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Mein Besuch war am 31.08.2014
 

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