Croome Court |
´Capability` Brown |
Sein Einfluss reichte schon damals bis zu den zuvor auf meinem Blog beschriebenen
deutschen Gärten von Schwetzingen und Schönbusch, Aschaffenburg. Denn der
deutsche Architekt Friedrich Ludwig von Sckell fuhr 1773 bis 1777 nach England, um dort den
neuen Garten Design Trend anhand der Gärten Browns zu erlernen. Seine ersten
Arbeiten zurück in Deutschland waren dann Schönbusch bei Aschaffenburg und Schwetzingen und später
der noch heute beliebte Englische Garten in München.
Man sieht daran auch, wie sich Ideen und Moden verbreiten, damals
im 18. Jahrhundert in Zeitlupentempo, heute im digitalen Zeitalter natürlich viel
schneller. Das Ergebnis ist dann das gleiche, eine irgendwo einmal entstandene
bahnbrechende Idee wird anderswo repliziert. Interessant ist es, an den
Ursprungsort zurückzukehren und genauer hinzuschauen, wer denn da was gedacht
und entwickelt hat. Und natürlich wie sich diese ursprüngliche Idee dann
weiterentwickelt und in einzelnen Ländern verändert hat.
In Bezug auf die englischen Landschaftsgärten waren die
Urkeimzellen zu aller erst Stowe und dann auch schon Croome. Denn in Stowe war
Brown ´head gardener` und in Croome verwirklichte er seine erste eigenständige
Arbeit als Landschaftsarchitekt ab 1751.
Nach Stowe werden wir ein anderes mal reisen.
Künstlicher Fluß in Croome Park mit Blick zurück auf Kirche |
Croome Park hat eine aufregende Geschichte, die man sogleich
komprimiert am Eingang erfährt und durchlebt. Nach dem Parkplatz trifft man auf
schwarz angestrichene ehemalige Armeebaracken der RAF (Royal Air Force), die der neue Eigentümer, der National Trust (NT), als
Besucherzentrum, Tea Room und Gift Shop umgebaut hat. Wie immer hat die private
Stiftung NT, deren Mitglied jeder werden kann, vorzüglich gearbeitet und alle historischen Schichten
des Grundstücks mustergültig aufgearbeitet. Davor sitzen singende Hari Krischna Jünger,
aber was haben die mit Croome zu tun?
Gehen wir zunächst weit zurück in der Geschichte des Ortes. Wir sehen über die Jahrhunderte Glanz und Elend
eines großen Landgutes in England. Die Erbauer Familie Coventry führte das Haus
und das Gut bis Mitte des letzten Jahrhunderts. Die RAF nutzte im 2. Weltkrieg
einen Teil des Geländes als geheimen Stützpunkt und die niederländische
Königsfamilie verbrachte ihre Zeit der Flucht vor Nazi-Deutschland in Croome
Court. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Anwesen durch viele Hände gereicht:
Die katholische Kirche betrieb mit Nonnen ein Heim für
schwer erziehbare Jungen bis 1979, danach waren Immobilieninvestoren an der
Reihe, die trotz ihres Namens (und das ist meist so) nichts investierten. Die
Hari Krishna Sekte kaufte das Haus 1980 und blieb bis 1984 und danach waren es
wieder Investoren, die alles noch mehr ruinierten. Schließlich konnte der
National Trust 1998 das leer stehende und heruntergekommene Anwesen kaufen. Der
Park war überwachsen und kaum noch erkennbar, die künstlichen Wasserläufe
versandet und die meisten Parkbauten baufällig.
RAF Baracke, heute Besucherzentrum |
Die Hari Krischnas sitzen noch am Eingang und singen, sie
scheinen noch einen Teil der Wirtschaftsgebäude zu nutzen, die RAF Baracken
sind inzwischen wie oben beschrieben umgewandelt. Mehr ist soweit nicht vom Park
zu sehen. Ich stehe am Eingang neben den Baracken und wundere mich, ob ein
Besuch denn lohnt.
Auf einem unscheinbaren Weg geht man nach den
Eingangsbaracken durch einen kleinen dichten Buschwald und kommt nach wenigen hundert
Metern auf einer kleinen Anhöhe an, links die Kirche und rechts eröffnet sich der
weite Blick über das Land, mit Schloss und Wasserlauf, einzelne solitär stehende Bäume,
wie hinein gepinselt, und der hohen Himmel thront darüber. Ein Landschaftsbild. Ja der
Besuch lohnt sich! Kirche St. Mary Magdalene |
In nicht ganz 20 Jahren hat hier der NT ein Stück
Ideallandschaft zurückgeholt und eine Idee wiederbelebt. Alles ist mit allem
verbunden. Nichts scheint künstlich gestaltet, sondern natürlich. Die Kirche
(von Brown selbst entworfen) steht ideal platziert auf einem kleinen Hang und zieht alle Blicke auf sich.
Glashouse Temple |
Rechts
in einiger Entfernung steht ein mit
einem breiten Portikus und Säulen versehener Glashaus-Tempel zum Überwintern der Pflanzensammlungen.
Croome Court mit umgebenden Wiesen |
Riesiger Zedernbaum |
Eine riesige Zeder wächst mit ihren horizontalen Ästen mitten auf der großen Wiese.
Kühe grasen und am anderen Ende des Parks hinter dem Schloss gibt
es noch eine Rotunde. Alle Blicke führen hinaus in die umliegende Landschaft und die eye-catcher der Gartenbauten verankern dann alles wieder zurück im Park und beim Besucher. Eine geschickte Verknüfung von Innnen- und Außenbereich.
Rotunde |
Nymphe an der Grotte |
Versteckt hinter Bäumen ist dann ein romantischer Teich
mit Inseln und 2 Eisenbrücken, die den Rundweg über eine Insel führen. Ein Pavillon und ein Grottenbau stehen am Ufer und ziehen die Blicke der Besucher beim Umrunden des Teiches auf sich.
Das war schon das Inventar dieses Parks. Aber was macht das
so besonders? Es ist die Einfachheit und Konzentration auf die wenigen
Elemente, die das ganze genial macht. Das Können Browns manifestiert sich darin,
dies alles in großem Maßstab zu beherrschen und natürlich erscheinen zu lassen.
Er wählt die Ingredienzien eines idealen Landschaftsbildes, verteilt diese perfekt
auf dem weitläufigen Gelände und verknüpft diese durch ein Wegesystem. Die natürlich fließende
Linienführung ist elegant vorgenommen und überhöht eine Natur, die so nie in
Wirklichkeit vorkommt.
Hinter dieser Landschaft stecken lange unterirdische Entwässerungskanäle,
eine 12-jährige Bauzeit für den künstlichen Fluss und für die Modellierung der
Landschaft, was den Erbauer, den 6. Earl von Coventry, die umgerechnete Summe von heute 28 Millionen Pfund
kostete. Auch wurden moderne Baumaterialen wie ´Coade Stones` verwendet, d.h. gebrannte Keramiksteine, die als
Fassadenteile oder Gartenschmuck in Serie vorgefertigt wurden.
Der Gartenkünstler Brown spielt mit dem Spiegeleffekt des Wassers und lässt die
beiden damals modernen Eisenbrücken zusammen mit der verbindenden Insel wie
Augen ausschauen, die aus dem Wasser auftauchen.
Teich mit Spiegeleffekt in Croome Park |
Besonders sehenswert ist das Haupthaus, das auch von Brown
entworfen wurde. Mit seinem Hausentwurf löst Brown barocke Formen ab und ist im Klassizismus
angekommen. Das Haus wird vom NT noch renoviert und hat leider sämtliche Einrichtungsgegenstände
verloren. Die Zimmereinrichtung des Tapestry Rooms befindet sich im Metropolitan Museum of Art in New York, USA
und wird auf Fotografieren von 1958 gezeigt. Vieles ist verloren gegangen, der Park ist zum Glück wiederbelebt worden.
Blogger mit Steinvase vor Croome Court, 31.08.2014 |